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Im Sommer 2021 habe ich die wohl schwerste Entscheidung meines Lebens getroffen.

Doch, bevor ich Dir von meiner Entscheidung berichte, nehme ich Dich erstmal mit in meine Vergangenheit:

Geboren und aufgewachsen in Freiburg bin ich in dieser Stadt verwurzelt. Der Großteil meiner Kernfamilie wohnt dort. Nach verschiedenen und mehreren längeren Auslandsaufenthalten kam ich immer wieder dorthin zurück, in den sicheren Hafen. Und auch mein erster Job nach dem Studium führte mich 2017 zufällig wieder zurück nach Freiburg.

Über fünf Jahre waren seitdem vergangen. Fünf Jahre voller persönlicher Höhen und Tiefen.

Beruflich habe ich aber in diesen fünf Jahren so unfassbar viel gelernt und konnte dadurch persönlich weit über mein altes Ich hinausgewachsen. Ich habe, ohne dass ich es forcierte, mein Herzensthema gefunden – ja meine Berufung würde ich sagen: Ich möchte Menschen ermutigen, sich proaktiv und frühzeitig mit ihrem eigenen Älterwerden zu beschäftigen, ihre Stärken zu entdecken und die positiven Seiten des Älterwerdens zu leben. Ich entwickelte Visionen und sah mich die Welt revolutionieren!

Je mehr ich mich in den Themenbereich „Gesundheit und Leben im Alter“ einarbeitete, je weiter sich mein Netzwerk entwickelte, mit je mehr Menschen ich mich darüber unterhielt, desto klarer war für mich mein Weg, meine Vision!

Doch da saß ich dann: mit meiner Berufung, in einem starken Netz von Kontakten, in meinen alten Wurzeln, in meiner Komfortzone. Und mit dieser Vision in meinem Herzen.

Irgendetwas passte nicht. Ich kam keinen Schritt vorwärts. Ich fühlte mich schwer und beobachtet.

Im Sommer 2020 entdeckte ich dann die absolut passende Stellenausschreibung zu meiner Vision.

… 800 km entfernt, in Hamburg! Doch auch Hamburg hatte ich in den letzten Jahren lieben gelernt und ich verband mit dieser Stadt ein starkes Freiheitsgefühl. Ich bewarb mich, wurde eingeladen und hatte bilderbuchgleiche Vorstellungsgespräche. Die Stelle war mein, ganz klar!
Dann kam der Anruf – mit der Absage: Ich hätte perfekt auf die Stelle gepasst, doch das Projekt benötige zu dem Zeitpunkt einen Schnellstart, den eine andere Bewerberin als Hamburg-Kennerin vermutlich leichter schaffe.

Auch wenn ich die Entscheidung aus Projektsicht absolut nachvollziehen konnte, weiß ich nicht, wann ich das letzte Mal so geweint hatte, vor Enttäuschung. Wann ich das letzte Mal bei meinem Vater im Arm lag und die Tränen einfach nur kullerten und ich die Welt nicht mehr verstand. Es war doch genau das, was ich wollte, mein Herzensthema, mein Job, mein Hamburg – meine neue Freiheit.

Nach 1,5 Tagen traurig und deprimiert im Bett, traf ich eine Entscheidung: Alles klar! Wenn es Hamburg nicht sein soll, dann bleibe ich halt in Freiburg und mache hier mein Ding!

Ich wärmte nochmal alle meine Kontakte auf, lernte neue Leute kennen, es entwickelten sich berufliche Perspektiven und ich bekam zwei Jobangebote – beide nahm ich an. Um alles rund zu machen, bin ich dann auch noch in meine erste eigene Wohnung gezogen – mein Neustart in Freiburg war perfekt! Manchmal muss es vielleicht eine Absage sein, damit man auf einem anderen Weg weiterkommt.

Eines Abends, ich war noch keine acht Wochen in meiner neuen Wohnung, bekam ich einen Anruf – aus Hamburg, von meiner Traumstelle! „Frau Klein, wie geht es Ihnen? Wir gehen in die nächste Projektlaufzeit und wir hätten Sie gerne mit dabei!“

Hä??! Was passiert hier gerade? Ich habe doch eben meinen Neustart in Freiburg beschlossen, bin umgezogen und habe viele Kontakte neu aufleben lassen, habe Jobperspektiven und sonst ist auch gerade alles super. Ein schlechteres Timing für meine Traumstelle kann es wohl nicht geben…

„Ich muss Ihnen leider leider leider absagen, aber es passt gerade einfach nicht.. und bin hier so vernetzt, kenne die Stadt und die Strukturen. Das alles kann ich jetzt nicht aufgeben gegen eine einzige Sache in Hamburg – der Deal geht nicht auf.“

So startete ich diese eine neue Projektstelle in Freiburg. Für zwei Wochen, für vier Wochen, für sechs Wochen… das Gefühl wurde immer stärker: Was machst du hier eigentlich??? Das ist nicht, was du möchtest, und das Projekt ist nicht so, wie du es gerne hättest.

Hamburg ließ mich nicht los und die Stelle war noch offen, das wusste ich. Aber anrufen und zurückrudern? Kann ich das bringen? Das kann man doch nicht bringen! Was sollen die denn von mir denken, dass ich nicht zu meinen Entscheidungen stehe? Das ich nicht weiß, was ich will? Will ich überhaupt alles aufgeben?

Ich diskutierte mit Freund*innen und der Familie das Für und Wider, meditierte darüber, verfasste eine Entscheidungsmatrix, gewichtete Argumente und zählte die Punkte. Doch im kam nicht weiter. Ich war am Verzweifeln. Seit wann ist Entscheidungen treffen so anstrengend, belastend und Nerven zehrend? Allein schaffe ich es nicht! Hier musste eine andere Art von Beratung her. Die Weisung darin war klar: geh den Schritt für die neue Stelle und sei dankbar, für diese Chance!

Inzwischen war es Sommer 2021 – Ich griff zum Telefon: „Ich habe es mir anders überlegt. Ist die Stelle noch frei?“

Sie war frei! Doch es gab eine neue Projektleitung. Das bedeutete: das komplette Bewerbungsprocedere noch einmal von vorne.

Und dann ging alles ganz schnell: „Hallo Frau Klein, ich kann Ihnen die Zusage für die Stelle geben! Wenn Sie auch noch wollen? Sie können im Januar anfangen.“

Und ich… ich fühlte nur Leere. War es doch die falsche Entscheidung?

Nein! Die Freude kam, langsam aber sicher und wurde Tag für Tag stärker. Ich freute mich über meinen Mut, über meine Entscheidung, über meinen anstehenden Neustart. Ein neues Freiheitsgefühl zeigte sich, eine Leichtigkeit, ein Vertrauen, dass alles so richtig ist.

Aus dieser Erfahrung heraus nehme ich zwei Dinge mit, die ich gerne mit Dir teilen möchte:

1. Einfach mal loslassen!

Klar, loslassen… das klingt nach fallenlassen und das nach Scherbenhaufen! Aber muss das sein? Nein! Vielleicht kommt es einfach nur darauf an, wie achtsam wir Dinge behandeln, sie sanft abstellen und uns verabschieden, sie gehen lassen und in guter Erinnerung behalten.

2. Einfach mal machen!

Ja, einfach mal machen, wenn das so einfach wäre! Doch ich kann Dir sagen, wenn Dir vor einer großen Entscheidung der Gedanke kommt, Du könntest es eines Tages bereuen, diesen einen Schritt, der Dich raus aus deiner Komfortzone katapultiert, noch nicht einmal gewagt zu haben gegangen zu sein… dann kannst Du dir sicher sein, dass Du es ausprobieren musst.

Oder auf welches Leben möchtest Du eines Tages zurückblicken? Auf eines mit Angst vorm Scheitern oder auf eines mit Mut zum Wachstum?

Du entscheidest!

Herzlichst,

Catharina M. Klein